Es geht in die Schule - Foto (c) photögraphy.com / photocase.de
Es geht in die Schule – Foto (c) photögraphy.com / photocase.de

Es entschleunigt nicht nur den Morgen

Wir quälen uns aus dem Bett.  Heute ist der erste Schultag nach den Weihnachtsferien. Der Wecker hat zum zweiten Mal seinen Warnton abgesetzt. Der schläfrige Griff zum Anschaltknopf der Kaffeemaschine, dann der Gang unter die Dusche. Hier ist eine Marktlücke – am besten das Gerät in die Dusche integrieren. Alternativ kann man sich auch dieses Gerät daneben stellen. Auf dem Weg aus der Dusche den Nachwuchs sanft wecken, damit alle ein ein wenig in die Gänge kommen. Die Dunkelheit liegt noch bleiern auf uns. Auch wenn die Tage jetzt langsam wieder heller werden. Es ist einfach zu früh. Der Meinung bin nicht nur ich, der sich gerne noch einmal umdrehen würden, sondern auch Schlafforscher.

Natürlich gibt es die Frühaufsteher. Manchmal überkommt mich das auch. Schließlich heißt es nicht umsonst, dass man dann mehr vom Tag habe. Doch der frühe Wurm kann mir die meiste Zeit wirklich gestohlen bleiben. In Österreich ist selbst die Lehrergewerkschaft nicht abgeneigt. Der Arbeitsbeginn der Eltern und die ganzen wirtschaftlichen Strukturen sind aber festgefahren. Von daher ist eigentlich die Erfindung der Glühbirne schuld. Gäbe es die nicht, müsste man den Arbeitsbeginn eh auf das Tageslicht beschränken. Wird es hell, beginnt man mit dem Tagewerk, wenn es dämmert ist Schluss.

Nicht nur ich quäle mich morgens aus dem Bett. Der Schulstart ist früh. Schlafforscher haben festgestellt, dass Kinder zu früher Zeit nicht so aufnahmefähig sind, wie es sich alle wünschen. Bei einer Ganztagesschule ließe sich der richtige Unterrichtsbeginn nach hinten verschieben. Bei der Grundschule unserer Zwillinge gibt es eine Ankommenszeit. Kinder, die wegen des frühen Arbeitsbeginns der Eltern schon los müssen, können dann die Zeit bis zum Unterrichtsbeginn in dem Gruppenraum ihrer Klasse verbringen, sich austauschen, spielen oder auch das Frühstück nachholen. So wird der Unterrichtsbeginn etwas nach hinten geschoben, die Grundschüler sind dann aufgeräumter und aufnahmefähiger, wenn es in die Klasse geht.

Ein Blick gen Norden

Ich wuchs kurz vor der dänischen Grenze auf. Meine alte Heimat wird auch gerne als Südschweden bezeichnet, im Ort sind die Schilder zweisprachig. Eine dänische Grundschule, dänischer Sportverein etc. gehörten dazu. Jedoch nicht der spätere Schulbeginn wie beispielsweise in Schweden. Wo in Hamburg jede Schule einzeln über den Schulbeginn entscheidet, war ich schon unterwegs, als es für mich auf die weiterführende Schule ging. 5:30 Uhr klingelte der Wecker, denn kurz vor halb sieben ging der Zug, um das Gymnasium in 20km Entfernung zu erreichen. Dazu noch der knapp halbstündige Weg vom Bahnhof zur Schule. Der Vorteil: ich konnte die nicht gemachten Latein-Hausaufgaben locker im Zug noch abschreiben. Jedoch flog dies meistens ganz schnell auf. Damals hatte ich eine schöne Handschrift (es gabe auch eine Note im Zeugnis für Schönschrift 😉 ). Der Lehrer brauchte nur einen Blick in das Heft werfen und wusste, ob ich es selbst gemacht oder abgeschrieben hatte. Ich  hätte ihm weismachen können, es selbstgemacht zu haben. Aber dafür war es zu früh, um darauf zu kommen. Nicht nur im Herbst und Winter war dieses frühe Aufstehen nicht gerade das Beste. Seinen Biorhythmus kann man nicht ändern. Die innere Uhr ist vorprogrammiert. Ob du nun ein früher Vogel oder eher eine Eule bist.

Nicht nur in Schweden, auch in England und Japan hat man sich Gedanken über einen späteren Unterrichtsbeginn gemacht. Viele Schulen schrekcen davor zurück, weil sie „Angst um die Verkürzung der Freizeit“ am Nachmittag haben. Bei einem gut durchdachten Ganztagesprogramm sollte dies aber kein Problem darstellen. Es muss sich allgemein etwas bewegen. Sportvereine und Musikschulen haben ihre festen Strukturen. Durch Ganztagesklassen verschiebt sich auch hier der Bedarf. Werden die externen Anbieter mehr integriert und in die Schule geholt, gibt es am Nachmittag weniger Gehetze für die Schüler und Eltern, um von A nach B nach C zu kommen.

 

Strich durch die Rechnung

Der frühe Schulbeginn grenzt an Folter. Ein späterer Schulstart schein keine schlechte Idee. Aber die gesamte Organisation der Arbeitswelt und die manchmal vorherrschenden starren Arbeitszeiten machen der ganzen Idee den Garaus. Mehr Flexibilität wagen, mehr Gleitzeit. Ein Patentrezept gibt es nicht. Aber träumen davon darf man. Und vielleicht geht ein Traum irgendwann in Erfüllung. Wir wären dafür.

Wie siehst du das? Bist du für einen späteren Schulbeginn? Was spricht deiner Meinung dafür, was dagegen? Ich freue mich über deinen Kommentar unter diesem Beitrag.

 

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3 Kommentare

  1. „Innere Mitternacht“ haben kürzlich die berühmten „Forscher“ das genannt, was da um 8 Uhr im Klassenzimmer sitzt. Eigentlich dürften vor 10 Uhr überhaupt keine Klausuren geschrieben werden. Ich finde diesen frühen Schulbeginn total bescheuert, denn bei uns kommt es doppelt blöd: wir sind alle Langschläfer, auch die Kinder, seit Geburt (!) und ich arbeite zudem bis abends spät (Veranstalterin). Ich bin chronisch müde und muss in dieser geistigen Umnachtung um 6.30 Uhr zwei Kinder von den Matratzen kratzen. Der Kurze (9) hat 7.45 Uhr Schulbeginn, die Große (10) um 8 Uhr. Wir zählen immer nur die Tage bis zu den nächsten Ferien, und ich zähle still für mich die Tage bis zu dem Punkt, wo die Kinder vielleicht auch mal ohne mich frühstücken können. Eine Stunde später würde keinem wehtun, denn K2 hat z.T. schon um 11.40 Uhr oder 12.30 Schule aus, K2 ist in der Regel um 13.35 Uhr fertig, da wäre ja locker Luft. Aber der frühe Schulbeginn ist wie die Hausaufgaben oder auch die Sommerzeit: seit Jahrzehnten als Unsinn erforscht und belegt, und trotzdem wird starrsinnig dran festgehalten.

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