Wir sind auf dem Platz
Wir sind auf dem Platz

Man kennt sie, die unterschiedlichen Eltern. Sie treten überall auf. In der Kita, im Kindergarten, der Musikschule, auf Elternabenden und auf dem Tennisplatz. Und dort, wo die Asche rot ist und sich in jeder Pore festsetzt, zeitgleich zu den French Open, sind wir aufgeschlagen. Auf dem Platz mit den vielen verwirrenden weißen Linien. Und die Rede ist nicht von Roger Federer, der jetzt zum zweiten Mal Vater von Zwillingen wird.

Wenn es um eine mögliche Sportart für den Nachwuchs geht, sucht man zuerst im engen Umfeld. bei den eigenen Interessen. Ist vergleichbar mit der Suche nach dem passenden Musikinstrument. Mir würde im Traum nicht einfallen, die Jungs zum Posaunenunterricht zu schicken. Diese Lautstärke. Dabei hatte uns kürzlich ein netter Herr am Tag der offenen Tür an der Musikschule erzählt, es gäbe auch einen Dämpfer, der mehr als 90% der Lautstärke wegnimmt, wenn man abends um 23 Uhr noch einmal üben möchte. Vor einem großen Auftritt.

Und diesen Dämpfer hätte ich gerne gestern einem Elternteil auf dem Tennisplatz verpasst. Man kennt sie. Von früher. Da gibt es zum einen die Dauerbiertrinker, die laut Fotos an den Wänden einmal auf dem Platz gestanden haben, jetzt aber lieber die Zeit am Tresen verbringen, einen Krug Gerstensaft vor sich und einen leicht trüben Blick auf das Spielfeld gerichtet. Sie wissen alles besser, können alle Schläge, Loops und Spins aus dem Effeff und waren früher – lange ist es her – immer Tabellenerster.

Pseudozweisprachige Helikopter-Eltern stören den Ablauf

Und da gibt es die übereifrigen Eltern. Sie wollen nur das Beste für das Kind. Heute heißen sie Helikopter-Eltern und fahren ihre Schützlinge am liebsten mit dem SUV direkt bis vor den Platz. Geht bei uns hier nicht, da die Anlage im Stadtpark liegt und nur der Platzwart einen geheimen Zugang mit seinem Auto zum Clubhaus findet. Die anderen kommen zu Fuß oder mit dem Fahrrad, aufrecht, mit stolzgeschwellter Brust oder leicht gebückt und gehetzt. Früher, als ich die ersten Bälle über das Netz schlug kamen sie in Scharen. Nachdem Boris Wimbledon gewonnen hatte und Steffi eine Gegnerin nach der anderen vom Spielfeld fegte.

Die übereifrigen Helikopter-Eltern, der moderne Pleonasmus auf rotem Grund, brüllt dazwischen und ermutigt den Nachwuchs, doch aufzupassen. Dreht es sich um und verpasst einen Ball, wird geschimpft, getrampelt, gezetert. Zweisprachig versteht sich, denn man unterhält sich auf Englisch, damit man fit ist für später. „Hab ich’s doch gewusst. Ich sag’s ja“. Ich schüttle mit dem Kopf, ziehe die Augenbrauen hoch und wundere mich über den Ton, der sich Richtung der Kleinsten von Seiten der Eltern breit macht. Der Trainer löst die Situation durch ein anderes Spiel. Geht nicht darauf ein. Ist auch besser so. Spielerisch soll man lernen. Den Spaß nicht verlieren.

Doch die Zurufe vom Nachbartisch finden kein Ende. Die Kinder auf dem Spielfeld sind verunsichert. „Jetzt sein Sie mal leise“ fordert der Trainer auf. Für einen kurzen Moment scheint es zu helfen. Viel hat sich nicht verändert seit meiner Jugend denke ich so bei mir. Auch beruhigend irgendwie. Und klappt es dann doch nicht, können wir ja immer noch Posaune probieren.

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