Abendlektüre #hotzenplotz

Ich wundere mich jedes Jahr aufs Neue über die Zeitumstellung. Ja, als wir noch keine Kinder hatten, konnte man so richtig einen drauf machen und dann am nächsten Tage die geschenkte Stunde zum Ausschlafen nutzen. Mit Kindern – vor allem Kleinkindern – funktioniert das nicht. Ist aber auch gut so, sonst würde man so einiges verpassen. So galt es, die schönen Sonnenstunden am Nachmittag draußen zu verbringen. Als Wind und Regen aufkamen, ging es aufs Sofa mit „Räuber Hotzenplotz„. Derzeit steht Etwas-Vorgelesen-Bekommen ganz oben bei unseren Jungs.

Laut einer amerikanischen Studie (via mashable) nutzen bereits 38% der Unter-Zweijährigen mobile Medien, wie Smartphone oder Tablet PC. Im Alter von 8 Jahren, so die Studie weiter, haben bereits 72% der Kinder erste Erfahrungen mit Smartphone, Tablet oder ähnlichem Gerät gesammelt.Und auch die tägliche Mediennutzung in der Altersgruppe von 0-8 Jahren stieg um täglich 5 Minuten gegenüber 2011.

Diese Aussage ist aber nicht weiter verwunderlich. Immer mehr Tablets und Smartphones halten Einzug in den Haushalt. Es wird das Gerät von den Erwachsenen immer mehr genutzt. Kein Wunder, das die Kleinen es auch ausprobieren wollen.Auch der Markt mit kindgerechten Tablet PCs wird immer weiter zunehmen. Selbst bei uns konnten die Jungs sich einen Eindruck vom Storio 2 machen.

Vorlesen und Geschichten

Es kommt aber nichts gegen das Buch und Hörspiele an. Und das ist gut so. Phantasie entsteht im Kopf. So ist es positiv, wenn sich die Kleinsten das Vorgelesene oder Gehörte im Kopf ausmalen. Eine Auswertung der Sehdauer ab 1995 zeigt, dass die durchschnittliche Sehdauer in Minuten pro Tag in der Altersgruppe 3-13 Jahre nahezu konstant geblieben ist, wenn nicht sogar leicht abnimmt (Seite 17). Die Abnahme hängt zum einen mit der Verschiebung der vorhandenen Medien zusammen. Anders herum ist es aber auch positiv, dass Kinder im Alter bis 13 das Buch und Hörspiele als überaus wichtig ansehen und nur sehr ungerne auf sie verzichten können (Seite 10), auch wenn die Spitze noch immer vom Fernsehen angeführt wird und die durchschnittliche Sehdauer von rund 90 Minuten pro Tag für Kinder ist auch nicht kleinzureden.

Also, liebe Eltern, Großeltern etc. – lest mehr spannende Geschichten vor. Dann bekommt ihr euren Nachwuchs auch gefesselt. Vor drei Jahren hatte ich schon mal etwas dazu geschrieben, dass nur 8% der Väter vorlesen. Das ist ein echtes Armutszeugnis. Es gibt doch nichts Schöneres als selbst mit verstellten Stimmen in die Geschichten einzutauchen. Die Augen der Kleinen werden dann größer und größer, wenn plötzlich Hotzenplotz oder der Zauberer Petrosilius Zwackelmann zum Leben erweckt werden.

Die Mediennutzung wird sich in den kommenden Jahren immer weiter verschieben. Tablet PCs sind schon heute sehr weit verbreitet. Der Übergang ist fließend. So haben 97% der Haushalte mit Kindern einen Computer mit Internetanschluss, 16% einen Tablet PC (Steigerung um 2% gegenüber 2012). Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit Super RTL. Kein Wunder, denn der Sender möchte ergründen, wie sie die Kinder mit neuen Medien packen können. Schon seit einigen Jahren ist Super RTL mit der Plattform Toggolino im Internet erfolgreich im Bereich Browsergames für Kinder. Diesen Bereich möchten sie ausbauen, dafür kommen solche Studien immer gut. Interessant ist, dass in dieser Untersuchung Bücher keine Rolle spielen (Seite 22). Befragt wurde hier die Altersgruppe 6-13 Jahren. Immerhin steht noch „Freunde treffen“ vor dem Fernsehen auf Platz 1. Danach folgt immerhin „draußen spielen“. Warum Bücher und Hörbücher hier jedoch nicht auftreten, erschließt sich mir nicht ganz. Aber die Ausrichtung scheint klar auf visuelle Mediennutzung ausgerichtet zu sein.

Wie lange jetzt?

Wie lange soll das Kind nun die Medien nutzen? Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien empfiehlt maximal 30 Minuten pro Tag für Kinder im Alter von 7-8. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ist der Meinung, dass Kleinkinder kein Fernsehen brauchen. Allerhöchstens sollte die Nutzungszeit auf 20 Minuten pro Tag begrenzt sein. Und wie halten wir es zu Hause? Bei uns gilt die Faustregel Alter x 3 = Fernsehzeit. Natürlich kann es sein, dass das Kapitel vom Dschungelbuch etwas länger ist. Ausnahmen bestätigen schließlich die Regel. Aber es ist für uns bisher eine gute Formel gewesen.

Aber es scheint Hoffnung zu geben:

Und die Teilnehmerzahl beim Vorlesetag am 15.11. wurde gegenüber dem letzten Jahr geknackt. Wenn das mal kein Grund zum Feiern ist.

Und gegen Hotzenplotz als Buch und Hörbuch kommt derzeit nur noch UNO an. Wie ist es bei euch? Welche Erfahrung habt ihr mit Fernsehen etc. gemacht?! Ich freue mich über eure Meinung im Kommentarfeld.

Noch mal alles zum Nachlesen:

 

 

6 Kommentare

  1. Absolut erschreckend der Artikel. Wie soll sich denn das Gehirn von Kleinkindern entwickeln wenn sie nicht mehr fühlen, schmecken und erfahren??? Wenn ich an meine Kindheit denke. Da waren wir bei Wind und Wetter draußen. Danach glücklich zu Hause zu sein, leckeres Essen zu bekommen und dann eine schöne Geschichte oder Hörspiel oder einfach noch etwas in Ruhe mit den Spielsachen gespielt. So sollte es immer sein. Die Intelligenz kommt nicht indem man passiv irgendwo drauf staart. Danke für diesen Artikel.

  2. Ich würde gerne mal sehen woher die 30-Minuten-Empfehlung kommt. Kann mir kaum vorstellen, daß das wirklich Hand und Fuss hat. Zumal es einfach eine zu starke Verallgemeinerung ist, als wären alle Medien gleich. Man muss doch z.B. beim Fernsehen unterscheiden welche Sendung konsumiert wird. Bei uns wird auch eher nicht fern gesehen, sondern es gibt die App der Sendung mit der Maus oder bestimmte Serien per Online-Video. So entfällt etwas der hypnotische Effekt der Dauerberieselung.

    Ich vermute daß menschliche Gehirn ist sehr anpassungsfähig. Allenfalls könnte ich mir vorstellen daß sich Bewegungsmangel auf das Gehirn auswirkt. Aber dann müsste man auch Lesezeit beschränken, denn Lesen führt auch zu Bewegungsmangel. Vor Büchern hat aber kaum jemand Angst.

    Mir haben Computerspiele in meiner Kindheit viel gegeben und auch meine Phanatasie beflügelt. Daher habe ich davor keine Angst. Allerdings ist es ein ständiger Kampf mit den Müttern (Mehrzahl, da sie sich ja gegenseitig in ihrer Technik-Angst bestätigen).

    Mal anders betrachtet: bei den meisten Aktivitäten freut man sich, wenn die Kinder sich für lange Zeit voll darauf konzentrieren. Warum nicht z.B. bei Videospielen?

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