Sobald du verraten hast, dass du Zwillinge erwartest, merkst du, dass jeder einen gutgemeinten Rat für dich hat. Vor allem auch die, die überhaupt keine aktuelle Erfahrung mit Zwillingen haben, äußern sich, als hätten sie einen Doktorabschluss darin.
Unglücklicherweise passiert dies rasend schnell und selbst mein Bullshit-Bingo hilft da nur selten. Aber ohne viel vorwegzunehmen: tief durchatmen und auf Durchzugstellen ist schon eine gute Strategie, denn jeder erzieht seine Zwillinge auf seine eigene Weise.
Aber wie kannst du mit all den guten Ratschlägen umgehen, die von der Familie und Freunden – und sogar Außenstehenden – auf dich einprasseln? Wo gilt es, genauer zuzuhören und was zu ignorieren?
Wie bei allen Ratschlägen, die von Freunden und Familie kommen, gilt es immer abzuwägen. Pflege die Freundschaften und stelle deren Meinungen nicht über deine und dein Bauchgefühl.
Sei freundlich
Deine Familie und Freunde wünschen dir nur das Beste. Auch wenn ihr Herz am rechten Fleck ist, sagen sie manches Mal Dinge, die dich verunsichern und unpassend sind. Das wirst du auch später merken, wenn die Zwillinge erst einmal da sind und „Tipps“ zu deinem Erziehungsstil kommen.
Egal, was für Ratschläge kommen, sei freundlich. Du kannst mit Antworten, wie zum Beispiel „Ich bin froh, dass das für euch als Familie funktioniert hat“, „Oh, das ist interessant. Davon höre ich zum erstem Mal“ und „Danke – ich sehe mir das mal genauer an.“ nichts falsch machen. So bleibt die Beziehung zu Freunden und Familie intakt.
Raste nicht aus – auch wenn es schwerfällt
Zwillings- und Mehrlingsschwangerschaften sind außergewöhnliche Ereignisse. Diese sind nicht mit einer Einlingsschwangerschaft zu vergleichen. Lass dich hier nie auf eine Diskussion ein. Hier kann man nur verlieren, weil es alle anderen besser wissen.
Kaum ist es heraus, dass Zwillinge im Anmarsch sind, kommen solche Sätze, wie:
- Die Zwillinge meiner Freundin kamen 5 Wochen vor dem errechneten Termin auf die Welt. Sie mussten ein halbes Jahr noch im Krankenhaus bleiben
- Meine Cousine musste die gesamte Schwangerschaft über liegen
- Die Nichte eines Arbeitskollegen sagte, dass ihre Zwillinge bei der Geburt fast gestorben wären
Oha. Das kann einem schon die Laune verderben. Warum kommen die Leute immer darauf, dir die schlimmsten Geschichten zu erzählen? Stell dich drauf ein, dass du solches zu hören bekommst. Gehe am besten in der Zeit in die Küche, stelle den Wasserkocher an und mache dir einen Tee. Das meine ich ganz ernst. Bei dem Geräusch des Wasserkochers hörst du zudem auch nicht, was erzählt wird. Umgib dich dann mit Freunden und den Menschen, die dir guttun und nicht solche Geschichten in die Welt setzen. Eine bevorstehende Schwangerschaft und Geburt ist aufregend genug. Da braucht man so etwas nicht auch noch.
Ärgere dich nicht. Für jede dieser Gruselgeschichten, gibt es Dutzende positiver Berichte – ein paar liest du auch in meinen Interviews.
Frag nicht Google
Nach jedem Ratschlag, den du hörst, verspürst du den Drang, im Netz danach zu suchen. Aber wenn du danach suchst, wirst du womöglich die Antworten finden, die dir nicht helfen:
- Gibt es oft Komplikationen bei einer Zwillingsschwangerschaft? Antwort: Ja.
- Können dies schwerwiegende Komplikationen sein? Antwort: Ja.
- Werde ich sie haben? Antwort: Nicht unbedingt.
Natürlich ist es toll, Google danach zu fragen. Denn Google weiß viel. Aber ganz sicher weiß es nicht, wie es dir und den Zwillingen geht. Also, am besten Finger weg davon.
Umgib dich mit ähnlichen Freunden
Wann immer du einen Ratschlag erhältst, frage dich, ob die Personen in einer ähnlichen Situation wie du sind:
- Haben sie Zwillinge?
- Haben sie einen ähnlichen Erziehungsstil?
- Haben sie Kinder im ähnlichen Alter?
- Waren Zwillinge ihre ersten Kinder?
Nun hast du diese Fragen geklärt und kannst abschätzen, mit welcher Art Gespräch und Ratschlägen du zu rechnen hast.
Tipps aus erster Hand – nicht vom Hörensagen
Verlasse sich bei allen Tipps nicht aufs Hörensagen. „Ich habe das über eine Freundin gehört“ und ähnliche Aussagen sind nicht wirklich hilfreich, sondern verunsichern dich nur Stück für Stück. Triff dich mit anderen Zwillingseltern, beherzige die oben genannten Fragen. Auch Zwillingsgruppen (nicht online sondern offline) helfen, Unsicherheit und Probleme zu klären und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen.
Frage bei Unsicherheit deinen Arzt
Und immer werden Fragen offen bleiben. Gerade Tipps rund um die Gesundheit kann dir dein Arzt am besten beantworten.
Auch wenn dir niemand vorher von der dreckigen Wahrheit über das Großziehen von Zwillingen erzählt hat, sind sie ein Geschenk. Ein doppeltes.
Wie waren deine Erfahrungen im Umfeld, als ihr sagtet, dass Zwillinge im Anmarsch sind? Ich freue mich über deinen Kommentar in der Kommentarbox unter diesem Beitrag
Foto: SeppH @pixabay